Seit Jahren streiten sich Verbraucher und Banken um die Widerrufsbelehrungen in Darlehensverträgen. Dieser Streit wird nun auch auf einem neuen Feld ausgetragen: im Bereich der Kfz-Finanzierungen. Gelingt es hier Verbrauchern, sich durch Widerruf vom Darlehensvertrag zu lösen, sind sie auch an den Kaufvertrag über das Kfz nicht mehr gebunden – ohne langwierige Streitigkeiten darüber, ob das Fahrzeug mangelhaft ist oder ob ggf. unzulässige technische Vorrichtungen enthalten sind.
Am 05.11.2019 hat der Bundesgerichtshof (BGH) zwei dieser Fälle entschieden
(AZ: XI ZR 650/18, sowie XI ZR 11/19).
Die Kläger hatten jeweils ein Kfz erworben. Zugleich schlossen sie zur Finanzierung jeweils Darlehensverträge ab. Die Vertragsunterlagen beinhalten eine Widerrufsinformation, in der u.a. für den Fall des Widerrufs über dessen Folgen informiert wird. Die Vertragsunterlagen enthalten jedoch keinen ausdrücklichen Hinweis darauf, dass der Darlehensvertrag außerordentlich unter den in § 314 BGB genannten Voraussetzungen gekündigt werden kann. Hinsichtlich einer zu zahlenden Vorfälligkeitsentschädigung im Falle der vorzeitigen Rückzahlung heißt es in den Unterlagen, dass sich diese nach den vom BGH "vorgeschriebenen finanzmathematischen Rahmenbedingungen" berechne, wobei einzelne zu berücksichtigende Parameter aufgeführt werden. Dargestellt sind ferner die gesetzlichen Höchstgrenzen der Vorfälligkeitsentschädigung.
Die beiden Darlehensnehmer erklärten 2017 den Widerruf. Zur Begründung führten sie an, die Vertragsunterlagen enthielten nicht alle für das Anlaufen der Widerrufsfrist vorgeschriebenen Angaben: Über die Widerrufsfolgen, die Methode zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung und das außerordentliche Kündigungsrecht nach § 314 BGB sei nicht bzw. nicht hinreichend klar und verständlich informiert worden sei. Aufgrund des wirksamen Widerrufs sei auch der Kaufvertrag über das Kfz hinfällig.
Dieser Argumentation folgte der BGH jedoch nicht. Er führte aus, dass die Widerrufsinformationen ordnungsgemäß seien und auch die erforderlichen Pflichtangaben erteilt wurden, so dass die zweiwöchige Widerrufsfrist anlaufen konnte und das Widerrufsrecht nicht fristgerecht ausgeübt wurde. Dabei stellte der BGH u.a. fest, dass es hinsichtlich der Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung genügt, wenn die wesentlichen Parameter "in groben Zügen" benannt werden. Eine Berechnungsformel müsse nicht angegeben werden, weil dies zur Klarheit und Verständlichkeit der Widerrufsinformation nichts beitrüge. Praktisch am bedeutsamsten dürfte die Feststellung sein, dass auch über das außerordentliche Kündigungsrecht nicht informiert werden muss. Ein außerordentliches Kündigungsrecht gehört nach Auffassung des BGH nicht zu den Pflichtangaben.
Sofern eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung in solchen Fällen nicht erfolgt ist besteht demnach weiterhin die Möglichkeit sich von den Verträgen über Darlehen und Kfz- Kauf zu „lösen“.
Die vollständigen Entscheidungen finden Sie hier (Aktenzeichen: XI ZR 650/18) und hier (Aktenzeichen:XI ZR 11/19).